Richard van Tongel sen. ( 1872 - 1940 )
1.7.1872 Richard van Tongel wird in Hermanuv Mestec ( Hermannstätel ) einem kleinen Ort zwischen Prag und Hradez Kralove ( Königgrätz )
geboren. Er studierte an der Prager Karls-Universität unter anderem auch Mathematik. Noch in Prag heiratete er Hedwig Toms. Aus der Ehe gingen die beiden Söhne Richard jun. ( 1898 - 1974 ) und Emil ( 1900 - 1988 ) hervor. Zeitweilig war er Direktor der Skoda-Werke in Pilsen. Am 4.8.1900 , nach der Geburt des zweiten Sohnes, verstarb seine Ehefrau Hedwig.
R. van Tongel verließ Böhmen, arbeitete im Ruhrgebiet und auch in Amerika. Eine Firmengründung scheiterte dort.
1910 kehrte er nach Europa zurück und kauft das Stahlwerk "Güstrower Hütte" vom Vorbesitzer Ludwig Martins. Das Werk firmiert unter
dem Namen " Van Tongelsche Stahlwerke GmbH "
1912 van Tongel verläßt wegen betrieblicher Unstimmigkeiten das Werk und kehrt
1914 zum Ausbruch des 1. Weltkrieges zurück nach Güstrow. Das Werk wird in die Rüstungsproduktion eingebunden und auf
Stahlformguß spezialisiert.
1916 Die Vorgaben werden drastisch auf 6000 Stück 15cm Stahlgußkörper für Granaten erhöht.
Der Großherzog Friedrich Franz IV. besucht am 24. Mai das Stahlwerk.
1917 Es gibt zunehmend Probleme in der qualitativen und quantitativen Erfüllung der Produktionsvorgaben. Die Ausschußquote beträgt bis zu 46 %.
Der Maler Heinrich Wilke stellt ein Temperabild vom Stahlwerk her, das dem Großherzog zur Erinnerung an seinen Besuch
überreicht wird.
1918 R. van Tongel kauft die "Kählersche Eisengießerei und Maschinenbauanstalt" und die Fläche der ehemaligen Gerberei
Dahltrop dazu. Das Betriebsgelände umfaßt nun 30000 qm.
Nach der Novemberrevolution stagniert die Produktion, zahlreiche Arbeiter werden enlassen.
1920 Inflation, Kapp-Putsch und ein Generalstreik bringen die Arbeit praktisch zum erliegen.
Am 2. September explodiert ein Konverter mit 2500 kg flüssigen Stahls. Die Arbeiter konnten sich retten, der Dachstuhl fängt Feuer und brennt ab.
1928 Die Stadt feiert ihr 800jähriges Bestehen. Das Werk ist in vielen Bereichen modernisiert worden.Die Güstrower Zeitung (MTZ)
berichtet darüber.
1930 - 1935 Das Stahlwerk übersteht die schwierigen Jahre der Weltwirtschaftskrise. Van Tongel nutzt seine guten Kontakte nach Skandinavien,
Nordamerika und dem Fernen Osten, so daß mit kleineren Aufträgen bei 60 Mann Belegschaft der Betrieb weiterläuft.
1935 Die Stahlwerke werden in die Rüstungspläne des Dritten Reiches eingebunden.
1936 Richard van Tongel jun. wird kaufmännischer Leiter und sein Bruder Emil van Tongel technischer Leiter. Im Werk werden 450 Arbeiter
und Angestellte beschäftigt.
1937 Nach Erwerb der Grundstücke Niklotstraße 20 - 24 werden dort Wohnhäuser für Firmenangehörige erbaut.
1939 Ausbruch des 2. Weltkriegs. Neben der laufenden Produktion werden auch Gußteile für Seeminen gefertigt.
10.3.1940 Richard van Tongel sen. stirbt in Rostock. Die Söhne führen den Betrieb weiter.
1941 Die Übernahme von Ausrüstungen aus Werken besetzter Länder (Beutegut) wird abgelehnt.
1942 Der Gauleiter Mecklenburgs und der Bürgermeister der Stadt wollen die Brüder van Tongel bewegen, außerhalb der Stadt
einen großen Rüstungsbetrieb zu errichten. Die Gebrüder van Tongel lehnen dieses ab.
1945 Am 2. Mai erfolgt die kampflose Übergabe der Stadt an die Rote Armee. Es werden noch Gußteile nach Moskau geliefert.
Zeitgleich beginnt auch die Demontage des Rüstungsbetriebs.
1945 - 1947 Die Brüder van Tongel versuchen von Westberlin aus die Firma wieder aufzubauen.
Nach der Sequestrierung erfolgte dann die Enteignung.
1946 - 1990 Das Gelände und die Hallen gehen in Volkseigentum über. Der VEB Kleiderwerke, die Konsum Spirituosenfabrik Winkelhausen
und das Konsum Fleischverarbeitungs-Kombinat errichten hier ihre Produktionsstätten.
1994 Ende des Stahlhofes als Produktionsstätte.